In einer umgebauten Scheune im Berliner Umland startet im Juni das erste Campaign Bootcamp in Deutschland. Junge Kampagnenmacher/innen lernen dort von erfahrenen Trainern in fünf Tagen die Grundlagen und das Handwerkszeug für erfolgreiche zivilgesellschaftliche Kampagnen. An den Trainingskurs schließt sich ein einjähriges Mentoring-Programm an.
Anne Isakowitsch hat die Idee für das Campaign Bootcamp aus Großbritannien mitgebracht und organisiert den Kurs mit einem kleinen ehrenamtlichen Team (Disclaimer: Der Autor dieses Textes gehört dazu). Fünf Fragen an Anne, warum es ein Bootcamp braucht und weshalb man hingehen sollte.
Anne, was hast Du beim Bootcamp in UK erlebt und warum braucht es auch in Deutschland einen solchen Ausbildungskurs?
Es war eine großartige Erfahrung. Ich habe nicht nur unglaublich viel über Kampagnenarbeit gelernt, viel wichtiger war für mich das große Netzwerk von engagierten Campaigner/innen, die kennengelernt habe. Ich kam zurück nach Berlin mit der Überzeugung, dass es so ein Training auch in Deutschland geben muss. Zum anderen wurde mir in Gesprächen mit Kollegen von verschiedenen Organisationen klar, dass viele NGOs händeringend nach erfahrenen, gut ausgebildeten Leuten suchen. Auf der anderen Seite gibt es viele, die in diesem Bereich arbeiten wollen, sich aber damit konfrontiert sehen, teilweise jahrelang Praktika leisten zu müssen, um die nötige Erfahrung zu bekommen. Das Bootcamp soll genau diese Diskrepanz überwinden.
Wen erwartet ihr als Teilnehmer/innen beim Campaign Bootcamp?
Im Idealfall haben wir 30 Teilnehmer/innen, die schon erste Erfahrung im Campaigning haben, egal ob in Schüler- oder Studentengruppen, durch ehrenamtliches Engagement in sozialen Bewegungen oder gesellschaftlichen Initiativen oder als Mitarbeiter/innen von NGOs.
Was sind die wichtigsten Kenntnisse, die die Teilnehmer lernen werden?
Der erste Teil des Programms zielt darauf ab, den Teilnehmenden ein vertieftes Verständnis von Politik und Macht zu geben, damit sie wissen wo die Hebel sind, an denen Kampagnen ansetzen müssen, um Veränderungen zu erreichen. Nach Strategie und Planung geht es ans Eingemachte: vom Coden und Gestalten von Webseiten, dem Einrichten von Onlinepetitionen, Online-Fundraising, klassischer Medienarbeit und barrierefreier Kampagnenarbeit haben wir ein dicht gepacktes Programm. Die Teilnehmenden sollen die zentralen Skills lernen, um erfolgreiche Campaginer/innen zu werden.
Was unterscheidet das Campaign Bootcamp von anderen Kampagnen-Workshops, wie bspw. die Kampagnenakademie von Attac oder der Kurs Zukunftspiloten?
Es ist uns wichtig, dass wir nichts reproduzieren, was andere besser machen können. Daher sind wir in engem Austausch mit den Initiator/innen ähnlicher Programme, wie zum Beispiel den Zukunftspiloten.
Das Campaign Bootcamp unterscheidet sich im Wesentlichen in drei Punkten von den uns bekannten Programmen. Erstens wollen wir dazu beitragen, dass der NGO- und Kampagnensektor repräsentativer und inklusiver wird. Wir arbeiten zum Beispiel mit der türkischsprachigen Umweltgruppe Yesil Cember zusammen und bieten Stipendienplätze an für Teilnehmer, die keine finanzkräftige NGO im Rücken haben. Zweitens ist das Bootcamp nicht nur ein einwöchiges Training – die Teilnehmer werden in einem einjährigen Mentoring-Programm begleitet und beraten, wenn es darum geht, Jobs zu finden, ein Netzwerk aufzubauen und bessere Kampagnen zu machen. Und drittens haben wir kein Trainingsprogramm gefunden, dass einen so starken Schwerpunkt auf die Möglichkeiten von Online-Campaigning legt. Diese Lücken wollen wir füllen.
Das Bootcamp wird von einem kleinen Team in ehrenamtlicher Arbeit organisiert. Wer seid ihr und vor allem, wie finanziert ihr das Camp?
Die Idee des Bootcamps hat bislang alle Leute begeistert, mit denen ich gesprochen habe. Ein halbes Dutzend davon opfert eine Menge Freizeit und arbeitet hart daran, diese Idee umzusetzen. Was wir gemeinsam haben, ist, dass erfahrene Campaigner/innen sind, die in großen und kleinen Organisationen tätig sind: bei Avaaz, bei Change.org, bei Oxfam, SumOfUs, und Bridge it!.
Unterstützung bekommen wir auch von den Initiatoren des Bootcamps in Großbritannien, zum Beispiel von Johnny Chatterton, der auch die britische Onlineplattform 38Degrees ins Leben gerufen hat. Ein wichtiger Partner des Bootcamps ist Campact, die mit ihrer Unterstützung die Teilnahme von Menschen aus kleineren NGOs ermöglichen. Weitere Partner sind SumOfUs, Yesil Cember und die Paretz-Stiftung, wo das Camp stattfinden wird. Ein Teil der Kosten wird über die Teilnehmendengebühren gedeckt, aber natürlich suchen noch nach weiteren Unterstützern.
Vielen Dank!
Anne Isakowitsch ist seit kurzem Campaignerin bei SumOfUs. Zuvor hat sie für die Organisation Crisis Action und den Verband Entwicklungspolitik (VENRO) gearbeitet. Sie hat einen Bachelor in Politikwissenschaften und Italienisch und einen Master in Global Politics. 2013 war sie Teilnehmerin beim ersten Campaign Bootcamp in Großbritannien.