Die Frage, ob eine Kampagne erfolgreich war oder nicht, ist häufig umstritten. Die meist hochgesteckten Ziele der Kampagnenmanager selbst, werden nur in den seltensten Fällen erreicht (Dauerbeispiel Brent Spar). Der Erfolg muss mithin auch an anderen Faktoren abgelesen werden: die Wahrnehmung in den Medien, die Mobilisierung eigener Unterstützer, die Gewinnung neuer Interessenten und die zumindest teilweise Erreichung des Kampagnenziels.
Seit Jahren kämpfen diverse Umweltschutzorganisationen gegen den Walkampf durch die japanische Walfangflotte. In diesem Jahr ist es ihnen gelungen den Fangerfolg der Japaner deutlich einzugrenzen. Nur ca. 40 Prozent der geplanten Quote wurde gefangen. Ein Erfolg für die beiden federführenden Organisationen Sea Shepard und Greenpeace?
Deren ursprüngliches Kampagnenziel ist die Verhinderung des kompletten Walfangs. Dies ist nicht gelungen. Doch die Erfolgsquote ist gewaltig: 60 Prozent weniger Wale wurden gefangen, zudem kommt auf Grund dieser Meldung (die übrigens vom japanischen Amt für Fischerei selbst herausgegegeben wurde) ein gewaltiges Medienecho.
Interessant ist dabei auch, dass die Herangehensweise von Greenpeace und Sea Shepard durchaus eine ganz unterschiedliche ist. Während Sea Shepard bewusst den Konflikt sucht und auch von einem Rammen fremder Walfangschiffe nicht Halt macht, versucht Greenpeace es entsprechend ihrer Philosophie mit friedlicher Blockade-Taktik. Letztere ist inzwischen den meisten Medien kaum noch eine Meldung wert, der Angriff japanischer Schiffe mit Buttersäure durch Sea Shepard hingegen schon. Bringt also nur ‚Krawall‘ noch die gewünschte Aufmerksamkeit?
Offenbar nicht, denn Aufmarksamkeit an sich muss auch entsprechend verarbeitet werden, der Kampagnenerfolg auch kommuniziert werden. Schaut man sich unter dieser Maßgabe einmal die Webseiten von Greenpeace und Sea Shepard an, wird deutlich, dass Greenpeace offenbar schon im Zeitalter des Web 2.0 angekommen ist. Die Webseite wirkt weitaus einladender und aktionsorientierter. Bei Sea Shepard fallen einzig die Spendenbuttons auf, die während der Aktionen eingesetzte Guerilla-Taktik spiegelt sich in der Kommunikation über die Webseite leider überhaupt nicht wieder. Greenpeace Deutschland dagegen hat seine Unterstützer und Interessenten im Rahmen der Anti-Walfang-Kampagne mit einem Blog von dem beteiligten Schiff regelmässig informiert und auch motiviert selbst aktiv zu werden. Die Anzahl der Kommentare beweist, dass dies bei den Nutzern sehr gut angekommen ist. Sea Shepard hatte bereits 2005 einen ähnlichen Blog auf seiner Seite, der seither aber verwaist ist. Waren sie möglicherweise gar zu früh dran?
Der beschriebene Ansatz von Greenpeace entspricht dabei der aktuellen Internetstrategie der Organisation, wie sie Volker Gassner auf der re:publica 08 vorgestellt hat (Beitrag als MP3 herunterladen). Gessner verwies darauf, dass die Kommunikation von Greenpeace in Zukunft noch stärker auf Dialog statt auf Monolog ausgerichtet sein soll und zudem die auch die Aktivisten oder Experten selbst mehr in den Mittelpunkt gerückt werden sollen.
Dass dies bisher nicht immer konsequent durchgeführt werden kann, zeigt auch ein Blick auf den genannten Walfang-Blog. Aus Geldmangel können die Kampagnen nicht immer bis zum Ende durchgezogen werden. So geschehen bei den Aktivitäten in der Antarktis. Aber anstatt direkt um Spenden zu bitten, finden sich entsprechende Aufrufe nur versteckt zwischen den Blogeinträgen. Hier wäre eine direkte Verknüpfung zwischen Lesern und Aktivisten vor Ort denkbar: „Wenn Ihr wollte, dass wir länger hier bleiben und für die Wale kämpfen, kostet das 7000 Euro am Tag. Jede Spende lässt das Schiff länger auf See und mehr Wale überleben“. Das ganze kombiniert mit einem Spendenbarometer würde wahrscheinlich erfolgsversprechender sein. Auch Greenpeace hat also noch Hausaufgaben zu erledigen. Ein kompletter Umbau der deutschen Seite wird in den kommenden Monaten erwartet, dann auch mit weiteren Web 2.0-Features.
Kampagne 2.0 wird die Aktivitäten von Greenpeace im Netz und auf der Straße bzw. See weiter verfolgen. Derzeit bleibt nur eines: Herzlichen Glückwunsch an Sea Shepard und Greenpeace für den Erfolg auf See!
(Foto: Greenpeace)