Oxfam hat 30 Stunden lang per Videoübertragung live vom 100-km-Spendenlauf „Trailwalker“ berichtet. Wie der Livestream umgesetzt wurde, und was die Kampagnenmacher dabei gelernt haben, verraten Euch die Oxfam-Mitarbeiter Robert Dürhager und Judith Orland in diesem Gastbeitrag.
Der Oxfam Trailwalker ist der „härteste und aufregendste Spendenlauf der Welt“. Teams von je vier Personen laufen oder wandern die 100 km nonstop und haben dazu maximal 30 Stunden Zeit. Um überhaupt starten zu können, muss jedes Team mindestens 2.000 Euro Spenden für Oxfams Bildungsprojekte sammeln. Jedes Vierer-Team hat zwei Unterstützer/innen, die ‚ihrem Team‘ an den Checkpoints u.a. frische Wäsche reichen, müde Füße massieren und es zum Durchhalten motivieren. Insgesamt waren zum ersten deutschen Trailwalker am 11. und 12. September 2010 im Harz 96 Vierer-Teams am Start und über 800 Helfer/innen vor Ort und auf der Strecke. Das Webteam von Oxfam hat dieses Großevent über die gesamten 30 Stunden live begleitet.
Die größte Herausforderung für uns war die schwache Internetleitung in Osterode. Mehr als eine 3Mbit-ADSL-Leitung war nicht drin. Zum Glück bot unser livestream.com-Kanal, die Möglichkeit die Qualität des Streams entsprechend niedrig einzustellen. Hinzu kam die schwierige Location. Der Start- und Zielort war über einhundert Meter von unserem Studio mit Internetverbindung entfernet. Um dennoch vom Start und Zieleinlauf senden zu können, mussten wir mit mehreren Routern eine Wlan-Strecke aufbauen.
Die zweite große Herausforderung war an Aufnahmen von der 100-km-Strecke zu kommen. Im Harz ist an UMTS nicht zu denken, weil es teilweise selbst Schwierigkeiten mit dem normalen Handynetz gibt. Deshalb haben wir zwei Filmteams engagiert, die für uns von Checkpoint zu Checkpoint fuhren und kurze Beiträge drehten, die gleich im Auto geschnitten wurden. So erhielten wir alle paar Stunden neue Interviews mit den Helfer/innen an den Checkpoints, Zeitraffer-Impressionen von der Strecke und natürlich Eindrücke von den Teams.
Unser Livestream-Programm bestand aus Kampagnen-Videos, den Beiträgen der Filmteams, Fotostrecken sowie einem stündlichen Live-Update aus dem Studio. Für die stündlichen Live-Updates haben wir Gäste ins Studio eingeladen, unter anderen die Teams nach ihrem 100-km-Lauf.
Liveberichte bringen Einschaltquote
Die Zuschauerzahlen belegen: Livestream ist Public Viewing im Netz. Pünktlich zum Start des Trailwalkers, am Samstag um 7.30 Uhr morgens, hatten wir bereits 50 Zuschauer. Ab 9 Uhr ist deren Zahl nicht mehr unter 100 gefallen. Zum Abendprogramm zwischen 20 und 22 Uhr, als auch das erste Team nach knapp 14 Stunden ins Ziel kam, waren es über 300 Zuschauer gleichzeitig. Auch am Sonntagmorgen, als die meisten Teams ins Ziel einliefen, hatten wir über 100 Zuschauer. Durchschnittlich sind die Zuschauer gut acht Minuten lang dabei geblieben und haben den Livestream dreimal in den 30 Stunden aufgerufen.
Diese Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, die Leute immer wieder abzuholen und in das Event einzuführen. Via Ticker haben wir die wichtigsten Infos sowie das nächste Update angekündigt. Aber der Ticker allein reicht nicht. Eine gute Moderation ist unerlässlich. Aufschlussreich war, dass die meisten Zuschauer bei den Live-Updates dabei waren. Wenn wir Kampagnen-Videos gesendet haben, ging die Zuschauerzahl leicht zurück, um dann bei den Updates wieder zu steigen. Das macht die Moderation umso wichtiger.
Das Studio übernahm auch die Funktion eines Social-Media-Hubs. Wir haben Fotos auf Flickr hochgeladen oder daraus Slideshows für den Livestream gebastelt. Über die Livestream-Chatfunktion erkundigten sich Spender, Freunde und Bekannte, wie es ‚ihren‘ Teams geht oder schickten Grüße an die Läufer. Selbstverständlich haben wir auch regelmäßig via Facebook und Twitter den aktuellen Stand verbreitet. Das Livestream-Team vor Ort muss also multitaskingfähig sein und sich sowohl mit Bildbearbeitungs- als auch Videoschnittprogrammen auskennen.
Trotz Spenden-Banner oberhalb des Livestream-Players war das Spendenaufkommen im Vergleich zu den von den Teams gesammelten Spenden gering. Wenn man mit dem Livestream Spenden generieren will, muss das deutlicher in den Inhalt des Programms eingebaut werden. Auch hier zeigt sich, wie wichtig eine gut geplante Moderation ist, die immer wieder auf die Spenden-Möglichkeit hinweist.
Überrascht hat uns, wie gut sich die Livestream-Übertragung als Dokumentation eignet. Die Videos vermitteln ungefiltert die Atmosphäre, sind nah am Geschehen und authentisch. Die vielen kleinen Filme, die während des Livestreams entstanden sind, eignen sich hervorragend für spätere Promozwecke oder zum Erstellen eines Imagefilms.
Fazit: Einfach und vielfältig, authentisch und dynamisch
Das Tool ‚Internet-Livestream’ ist einfach zu bedienen und bietet vielfältige Möglichkeiten, mit den Zuschauerinnen und Zuschauer ins Gespräch zu kommen. Livestream gehört heutzutage in den Social-Media-Werkzeugkasten von NGOs und eignet sich hervorragend für Sport- und Musik-Events. Livestream zeichnet sich dadurch aus, dass es authentisch, spontan, direkt, ungefiltert und dynamisch ist. Das zusammen vermittelt beim Zuschauer das Gefühl, an einem gemeinsamen Serendipity-Erlebnis teilzuhaben, also das Glück gehabt zu haben, in ein echtes Happening hineingestolpert zu sein.
Auch 2011 werden wir den Trailwalker wieder live begleiten, am 3./4. September im Harz. Wer dabei sein möchte, kann sich in den Livestream einschalten oder, wer noch dichter dran sein will, gründet ein Vierer-Team und macht einfach mit. Anmeldung unter: www.trailwalker.de.